Whitepaper - Validierung von Reinigungsprozessen für Medizinprodukte
Validierung der Reinigung eines Instrumententyps gemäß MDR-Vorgaben
Die Validierung von Reinigungsprozessen ist ein zentraler Bestandteil der Konformitätsbewertung von Medizinprodukten gemäß der Medical Device Regulation (MDR). Für die Reinigungsvalidierung wird ein strukturierter Prüfansatz gewählt, der die Anforderungen an eine MDR-konforme Reinigung erfüllt und eine reproduzierbare Bewertung des Reinigungserfolgs ermöglicht.

Validierung der Reinigung eines Instrumententyps gemäß FDA-Vorgaben (einschl. ANSI/AAMI ST98)
Die Validierung von Reinigungsprozessen gemäß den Anforderungen der US-amerikanischen Food and Drug Administration (FDA) einschl. der Norm ANSI/AAMI ST98 unterscheidet sich in mehreren Punkten von der MDR-konformen Vorgehensweise. Ein zentrales Unterscheidungsmerkmal ist die Durchführung einer vorbereitenden Simulated Use Phase, die mindestens sechs vollständige Aufbereitungszyklen (inklusive Reinigung, Desinfektion und ggf. Sterilisation) umfasst. Mit dieser Vorbereitung soll das Risiko einer Akkumulation von Verschmutzungen durch die Einwirkung hoher Temperaturen auf Restverschmutzungen, die nach einem Reinigungsprozess noch vorhanden sind, erfasst werden.
Die Simulated Use Phase umfasst:
- Kontamination: Alle Proben werden mit einer definierten Testanschmutzung, die der tatsächlichen medizinischen Anwendung nahekommt, kontaminiert.
- Reinigung und Desinfektion: Nach der Trocknungszeit erfolgt die Reinigung. Bei automatischen Prozessen (z.B. RDG) beinhaltet dies auch die thermische Desinfektion und Trocknung. Bei manuellen Prozessen wird die Desinfektion manuell durchgeführt.
- Sterilisation: Falls der Aufbereitungsprozess eine Sterilisation vorsieht (z.B. Dampf oder VH₂O₂), wird diese ebenfalls durchgeführt.
Die Simulated Use Phase ist mindestens sechsmalig durchzuführen.
Bei der Bewertung der Reinigungsleistung eines automatischen Reinigungsprozesses (z.B. RDG) wird der Prozess vor der thermischen Desinfektion abgebrochen, um keine Fixierung der eventuell vorhandenen Restverschmutzung als verfälschenden Faktor zu haben. Darüber hinaus wird für die Bewertung des Reinigungserfolgs die Bestimmung von mindestens zwei Analyten (Bestandteilen der Testanschmutzung) erwartet. Dies erhöht die Aussagekraft der Validierung und reduziert das Risiko falschnegativer Bewertungen.
Versuchsaufbau und Probenkonzept
Für die Validierung des Reinigungsprozesses werden insgesamt fünf Proben eines Instrumententyps eingesetzt:
- Positivkontrolle: Zur Sicherstellung der Nachweisbarkeit von Kontaminationen sowie zur Sicherstellung und quantitativen Nachweis einer ausreichend hohen Anfangskontamination (z.B. dem 10- bis 1000-fachen des Akzeptanzkriteriums)
- Negativkontrolle: Zur Überprüfung und Quantifizierung möglicher Hintergrundsignale
- Drei Prüfproben: Zur Bewertung der Reinigungsleistung
Baselining und Extraktionseffizienz
Im Rahmen des Baselining werden die Grundbelastung der Proben (Negativkontrolle) und ein möglicher Einfluss potenziell störender Substanzen ermittelt. Diese Substanzen können bei der Extraktion mit SDS-Lösung zu falsch positiven Ergebnissen im OPA-Assay führen. Daher wird eine erste Extraktion aller Proben ohne vorherige Kontamination durchgeführt und die Extrakte mittels OPA-Assay analysiert. Die Bestimmung der Extraktionseffizienz erfolgt an zwei (MDR) bzw. drei (ANSI/AAMI ST98) Proben.
Elektrochirurgische Anwendung
Elektrochirurgische Instrumente werden beispielsweise in den Fachbereichen Chirurgie, Gynäkologie, Urologie und HNO eingesetzt. Beispiele für typische Instrumententypen sind mono- und bipolare Scheren und Handstücke mit Elektroden. Mit Hilfe von elektrischem Strom wird gezielt Wärme im Gewebe erzeugt und übertragen. Elektrochirurgische Anwendungen dienen zum Schneiden, Koagulieren (Blutstillung), Verschließen von Strukturen oder Oberflächenverödung. Bei Temperaturen bis deutlich über 100°C erfolgt eine Koagulation bzw. auch Austrocknung des Gewebes. Dies führt an den Kontaktstellen (Elektroden) zu an einer Anhaftung von Gewebe, die bei hohen Temperaturen bis hin zur Verkohlung gehen kann. Diese Gewebereste stellen eine große Herausforderung an Reinigungsverfahren und können oft nur durch mechanische Unterstützung, wie z.B. Bürsten, erfolgreich entfernt werden. Die möglichst realistische Nachstellung/Simulation dieser Verschmutzung ist Bestandteil der Validierung und wird z.B. mittels Proben von Darm, Leber oder Niere durchgeführt. Dies ist eine Forderung der DIN EN ISO 15883-5.

Durchführung der Validierung: Drei unabhängige Durchgänge
Die Validierung erfolgt typischerweise in drei separaten Versuchsdurchläufen. In jedem Durchgang werden vier der fünf Proben gezielt mit einer definierten Testanschmutzung (z.B. Schafblut mit Protein und Hämoglobin als Marker) kontaminiert. Nach einer festgelegten Trocknungszeit werden drei der kontaminierten Proben zusammen mit einer nicht kontaminierten Probe (Negativkontrolle, s.o.) dem definierten Reinigungsprozess unterzogen. Die vierte kontaminierte Probe wird nicht gereinigt und dient als Positivkontrolle (s.o.). Im Anschluss erfolgt die Bewertung des Reinigungserfolgs durch Extraktion mit SDS-Lösung (Rückgewinnen der Restkontamination) und anschließender Quantifizierung des Proteingehalts mittels OPA-Assay. Die OPA-Methode erlaubt eine sensitive und spezifische Detektion von proteinbasierten Rückständen.
Zusätzliche Bewertung von Hämoglobin
Gemäß MDR-Vorgaben ist die Bestimmung des Restproteins nach der Reinigung ausreichend. Für die Anerkennung durch die FDA wird die Analyse eines zweiten Analyts, wie z.B. Hämoglobin (Bestandteil der roten Blutkörperchen) oder TOC (Total Organic Carbon), erwartet. Die zusätzliche Bestimmung des Hämoglobingehalts kann insbesondere dann hilfreich sein, wenn falsch-positive Proteinwerte auftreten. Die von SMP eingesetzten Nachweismethoden für Hämoglobin sind gegenüber Rückständen von Reinigungschemikalien (einer häufigen Ursache für falsch-positive Ergebnisse im OPA-Assay) unempfindlich und bieten daher eine robuste Ergänzung zur Proteinbestimmung.
Verwendung von radioaktiv markierter Testanschmutzung
Ein innovativer Ansatz zur Bewertung der Reinigungsleistung ist die Verwendung einer radioaktiv markierten Testanschmutzung. Dabei wird die Prüfanschmutzung mit einem radioaktiven Marker (hier 99mTc) versehen, der mittels einer Gammakamera detektiert werden kann. Die Methode erlaubt die bildgebende Dokumentation der initialen Kontamination und deren Verteilung, die Beurteilung einzelner Reinigungsschritte (z.B. manuelle Vorreinigung, Ultraschallbad, RDG) und die Analyse der Restradioaktivität und optische Zuordnung nach Abschluss der Reinigung.
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Das eingesetzte metastabile radioaktive Isotop 99mTc zerfällt mit einer Halbwertszeit von 6,01 Stunden und emittiert Gammastrahlung mit einer Energie von 140,5 keV. Diese Strahlung durchdringt die Materialien von Instrumenten, sodass zerfallendes Technetium auch in schwer zugänglichen Bereichen wie Lumen, Gelenken oder überlappenden Oberflächen zerstörungsfrei nachgewiesen werden kann. Die Messung der Gammastrahlung erfolgt mittels einer entsprechenden Kamera, die eine zweidimensionale Projektion der Strahlungsintensität registriert. Diese flächige Darstellung kann z.B. in einer Falschfarbendarstellung mit Konstruktionszeichnungen oder Fotos der Instrumente überlagert werden und lokalisiert auf diese Weise das radioaktive Technetium und damit die Prüfanschmutzung bzw. nach der Reinigung deren Reste. Diese Methode ist besonders wertvoll in der Entwicklungsphase neuer Instrumente mit komplexer Geometrie und kann auch auf Situationen, wie z.B. den Gasprozessor eines Anästhesiegerätes, übertragen werden.
Thermische Desinfektion
Die thermische Desinfektion im Reinigungs- und Desinfektionsgerät (RDG) wird gemäß DIN EN ISO 15883-1 und -2 unter Berücksichtigung des A₀-Wertes validiert. In unabhängigen Läufen werden Temperaturmessungen an bzw. in den Proben durchgeführt. Diese werden normgerecht ausgewertet, um das Erreichen der vorgegebenen Temperaturen zu dokumentieren und somit die Wirksamkeit der Desinfektion zu belegen.
Trocknung
Die abschließende Trocknung wird visuell bewertet. Nach dem Reinigungsprozess werden die Instrumente aus dem RDG entnommen und durch Klopfen oder Durchblasen auf verbleibende Feuchtigkeit untersucht.

Dokumentation: Protokoll und Bericht
Vor Beginn der Untersuchungen wird gemeinsam mit dem Auftraggeber ein detailliertes Protokoll erstellt, das die zu untersuchenden Instrumententypen, die Zusammensetzung der Prüfanschmutzung sowie die Vorgehensweise der simulierten Anwendung und Reinigung beschreibt. Die Akzeptanzkriterien für die Bewertung des Reinigungserfolgs werden ebenfalls festgelegt. Der abschließende Bericht dokumentiert die Untersuchungsergebnisse sowie alle relevanten Umgebungsbedingungen, eingesetzten Chemikalien, Hilfsmittel und Prozessdaten der verwendeten Geräte. Die Bewertung des Reinigungserfolgs erfolgt im Abgleich mit den definierten Akzeptanzkriterien und bildet die Grundlage für die regulatorische Einordnung des Reinigungsprozesses.
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